Erklärung zum Christustag Bayern 2015


„Was uns erlöst und erneuert: Allein die Gnade“



„Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Diese Frage, die Martin Luther jahrelang umtrieb und ihn schließlich zum Reformator werden ließ, ist heute für die meisten Menschen kein Thema mehr. Selbst viele Theologen beschäftigen sich lieber mit dem Klimawandel und Gender-Themen als mit der Frage nach der Gnade Gottes. Der Christustag will uns wieder bewusst machen, dass unsere ganze Existenz geprägt ist durch Gottes Gnade.


Es gibt nur einen Grund, weshalb wir noch leben: Die Gnade Gottes.



Dass wir diese Erde noch bewohnen können und die Verheißungen und Segensworte immer noch gelten, verdanken wir der Güte und Geduld Gottes und seinem Entschluss, die Erde nicht mehr zu verfluchen: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mose 8,21f.).


Es gibt nur einen Grund, weshalb wir jeden Tag unseres Lebens als Gerechte und Geheiligte neu beginnen dürfen: Die Gnade Gottes.



Mittelalterliche Bußwerke konnten Erlösung genauso wenig schenken wie die Kasteiungen, die sich unsere spätmoderne Gesellschaft selbst auferlegt – beispielsweise durch die ständige Beschleunigung der Technik, des sozialen Wandels und des Lebenstempos. So viel wir auch in unser Leben hineinpacken wollen, auch an noch so guten Werken – ohne Gottes Gnade wären wir verloren. „Es ist ein großer Irrtum, dass jemand meint, er wolle genugtun für seine Sünden, so doch Gott dieselben allzeit umsonst, aus unschätzlicher Gnad verzeihet, nichts dafür begehrend, denn hinfort wohl zu leben“ (Martin Luther). Gott lässt nicht zu, dass wir in unserer selbstverschuldeten Gottesferne zugrunde gehen. Er sandte seinen Sohn, der am Kreuz für uns starb, damit wir als Erlöste leben können, als „Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen“ (Epheser 2,8, 19). Trotz unseres immer neuen Versagens (Römer 7,18f.) vergibt uns Gott um Christi willen unsere Schuld und gibt uns die Chance, durch Erneuerung unseres Sinnes (Römer 12,2) ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen.


Es gibt nur einen Grund, weshalb wir eine Zukunft haben: Die Gnade Gottes.



„Aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es“ (Epheser 2,8). Gottes Gabe umfasst dieses und das zukünftige Leben. Unsere Antwort ist der Gehorsam des Glaubens. Ohne ihn wird Gottes Gabe als „billige Gnade“ missbraucht. Die Gnade Gottes hebt die Gebote nicht auf. Es ist fatal, wenn versucht wird, mit dem Liebesgebot Jesu (Johannes 15,17) andere biblische Gebote auszuhebeln. Bei Jesus gehören die Liebe und das Halten der Gebote zusammen: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe' (Johannes 15,10).

Mit Dietrich Bonhoeffer rufen wir in Erinnerung:



Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche.
Billige Gnade heißt Rechtfertigung der Sünde und nicht des Sünders.
Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen menschgewordenen Jesus Christus.
Teure Gnade ist das Evangelium, das immer wieder gesucht, die Gabe, um die gebeten, die Tür, an die geklopft werden muss.
Teuer ist sie, weil sie in die Nachfolge ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so erst das Leben schenkt.

Berg, Lauf, Memmingen, München, Unterschwaningen am 3. Oktober 2015